Der Komponist Mompou – Die Stimme des Schweigens

Federico Mompou wurde 1893 in Barcelona geboren als Sohn einer Mutter französischer Herkunft und eines Vaters katalanischer Herkunft. Sein Großvater war Glockengießer. In Mompous Musik ertönen immer wieder Klänge, die Glockenschlägen ähneln – vielleicht eine Reminiszenz an Erfahrungen aus der Kindheit. Komposition studierte er in Paris, wo er nach einer Rückkehr in seine Heimatstadt von 1921 bis 1941 lebte. Von 1941 an blieb er in Barcelona, wo er 1987 starb.

Er hat nahezu ausschließlich für das Klavier komponiert, seinem Wesen als zurückgezogener, introvertierter Einzelgänger entsprechend. An vielen Werken arbeitete er mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte – stets bemüht, keine Note zuviel und keine Note zuwenig zu schreiben. Sein Klavierstil ist geprägt vom Einfluss der französischen Komponisten Claude Debussy und Erik Satie. Doch zeigt sich in den Titeln und Themen seiner Kompositionen auch immer wieder der Einfluss der katalanischen Kultur.

In seinen frühen Kompositionen für Klavier unter dem Titel Charmes („Zaubersprüche“) finden sich die Einzelstücke „Pour endormir la souffrance“ („Um das Leiden vergessen zu machen“) und „Pour évoquer l’image du passé“ („Um das Bild der Vergangenheit zu evozieren“). Damit sind wesentliche Ziele genannt, die Mompou mit seiner Musik anstrebte und beim aufmerksamen Hörer auch verwirklichen kann. Es ist eine nostalgische, beseelte Musik, die nichts mit den dezidiert mechanischen Klängen mancher Komponisten des 20. Jahrhunderts gemein hat.

Die hier präsentierte „Música callada“ – ein Zyklus von 28 kurzen Klavierstücken, der sich insgesamt über etwas mehr als eine Stunde erstreckt – entstand in den Jahren zwischen 1959 und 1974. „Música callada“ ist ein Ausdruck, der sich in der Poesie des spanischen Mystikers Juan de la Cruz (deutsch meist „Johannes vom Kreuz“) findet. Man könnte übersetzen mit „geschwiegene Musik“. In einer Vorbemerkung zu seinem Zyklus sagt Mompou, Juan de la Cruz habe versucht, „die Idee einer Musik auszudrücken, welche die Stimme des Schweigens [oder der Stille] selbst ist und in der die Einsamkeit Musik wird“. Der aufmerksame Hörer kann verfolgen, wie Mompou diese Idee in Musik umsetzt.

Es überwiegen langsame Tempi und eine ruhige Stimmung. Stilistisch ist die Musik zwar einheitlich, doch in der Vielfalt der Kompositionstechniken eher heterogen – Tonalität, Atonalität und Polytonalität, scharfe, aber nicht aggressive Dissonanz und Konsonanz, Homophonie und Polyphonie werden eingeschmolzen in den einzigartigen Personalstil Mompous wie verschiedene Metalle in eine Glocke. Mompou zeigt sich dabei weitgehend unbeeinflusst von den musikalischen Experimenten der Nachkriegszeit (etwa dem Serialismus) und geht unbeirrt seinen eigenen Weg. Ein Schwerpunkt liegt auf der Erzeugung bestimmter Klangfarben und Klänge sowie deren Mischungen. Wir präsentieren hier eine Aufnahme, die der Komponist selbst eingespielt hat. Davon ausgehend, kann der Leser selbst das Werk dieses Komponisten erkunden.

 

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