Melchior Lechter (1865-1937) ist einer der weniger bekannten Namen im Künstlerkanon des 20. Jahrhunderts. Dies freilich zu unrecht, so oszilliert sein Gesamtwerk zwischen Moderne und Antimoderne, ebeno wie das Diefenbachs oder Fidus.
Lechter stellt sein Werk in das Zeichen eines ganzheitlichen Ansatzes einer Kunstreligion. Entscheidenden Einfluss auf diese Entwicklung hatte die Begegung Lechters mit Stefan George, welche für beide eine nachhaltige Prägung bedeutete. Sie standen sich sehr nah, sowohl persönlich als auch inhaltlich, was der künstlerischen Ansatz betrifft, der dazu führte, dass Lechter etliche Buchtitel für George entwarf und dieser ihm sogar ein Gedicht widmete:
Stefan George, An Melchior Lechter
Deinem Sinn frei und stolz gegen unbill gefeit
Erz im tiegel des heils aller schlacken befreit!
Deiner Seele die hoch überm traumland regiert ·
Uns · der welt jahr um jahr neue wunder gebiert!
Deinem Sein allen einsamen trost und geleit –
Turm von bleibendem strahl in der flutnacht der zeit!