Die Dinge bei ihrem wahren Namen nennen… (III)

Zeit, die im letzten Jahr begonnene Reihe wiederaufleben zu lassen. Hier geht es zum ersten und hier zum zweiten Teil.

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.

Eduard Möricke

Fährt man momentan über Land, fallen allerorten zahlreiche weißblühende Büsche auf. Neben der typischen gelben Vorgartenforsythie sind es die häufig die ersten blühenden Sträucher im Jahr. Noch bevor sie Blätter treibt, lassen die weißen Blütenbüsche der Schlehe den Schnee des Winters in Erinnerung bleiben.

Diese Blütenpracht an Hecken und Gehölzen nutzten die Menschen früher, um Aussagen über Ernte und Wetter im Sommer zu treffen. Der Abstand zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem Georgi-Tag am 23. April gab Hinweise darauf, wann die Getreideernte Ende Juli beginnen würde. Nach dem Volksglauben deutete eine starke Schlehenblüte und -ernte im Herbst auf einen strengen Winter hin.

Die Schlehe bildet ein dichtes Wurzelwerk und lässt mit ihren dornigen Ästen und Zweigen wenig Durchlaß. Sie diente zur Befestigung von Hängen und Böschungen. Weiden und Hofstellen wiesen oft Hecken aus Schlehenbüschen auf. Beliebt war sie nicht nur, weil Raubtiere nicht durch das Dickicht kamen, sondern weil ihr auch eine Schutzfunktion gegen Hexen zugeschrieben wurde. Das harte Holz der Schlehe eignet sich zum gut zum Schnitzen. Die Äste wurden und werden in Gradierwerken zur Salzgewinnung verbaut.

Nahrung für Tier und Geist

Schlehen- bzw. Schwarzdornhecken bieten zahlreichen Tieren Versteck und Nahrung. Die Blüten sind eine frühe Nahrungsquelle für die ersten Insekten im Jahr, darunter Schmetterlinge und Wildbienen. Die Früchte bieten ungefähr 20 heimischen Vogelarten Nahrung. Der gefährdete Neuntöter nutzt die Dornen der Schlehe um seine Beute (Insekten oder sogar Mäuse) aufzuspießen.

Für den Menschen werden die Früchte erst nach dem ersten Frost genießbar. Wenn die Zellwände der Früchte durch die Frosteinwirkung zerstört werden, werden Enzyme freigesetzt, die die Gerbstoffe in den Früchten abbauen und in Zucker umsetzen. Richtig gut schmecken die Früchte aber auch nur, wenn sie zu Marmelade oder geistigen Getränken verarbeitet sind.

Von Gott freigesprochen

Um auch die religiöse Dimension kurz an Ostern nicht außer Acht zu lassen: Einer Legende aus Posen zufolge stritt sich die Schlehe einmal mit dem Kreuzdorn. Der Kreuzdorn warf der Schlehe vor, sich den Feinden Jesu angedient und mit ihren Zweigen die Dornenkrone gebildet zu haben. Um die Schlehe vor derartigen Anschuldigungen in Schutz zu nehmen, streute Gott über Nacht die weiße Frühlingsblütenpracht auf die Schlehe. Dies war der Beweis für ihre Unschuld.

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