Friedrich Georg Jünger – Abschiedslied

Ihr, die ihr verehrt der Mandarinen

Hohe Schreiberkaste

Und mit feierlich verdrossnen Mienen

Hockt im Amtspalaste,

 

Wisst, zuwider ist mir Ost und Westen,

Nord und Süd geworden,

Und ich bin der alten Vesten

Satt und müd geworden.

 

Meine alte Haut hab‘ ich zerrissen

An den Stachelhecken,

Meine alte Haut ist abgeschlissen

An den Jahresecken.

 

Heut streift‘ ich an dem Dornenhange

Meine Haut herunter.

Klug geworden bin ich wie die Schlange,

Biegsam, boshaft, munter.

 

Keinem dienstbar roll‘ ich in dem Gange

Hoher Mittagszeiten,

Wiege mich im Tanz zu eignem Sange,

Froh, mich zu begleiten.

 

Gleich der Natter ist des Lichtes Helle

Mehr als Gold mir teuer.

Mich belebt wie Durstige die Quelle

Reine Himmelsfeuer.

 

Ich verlache eure Schliche, eure Tücken,

Plumpe Schlangenfänger.

Eure Weise kann mich nicht berücken,

Dumpfe, dunkle Sänger.

 

Lass die abgegriffenen Leiern

Selbst im Lied sich preisen.

Besser ist, du fliehst die Feiern,

Fliehst die hohen Weisen.

 

Ruhm nicht bringt es, eure Schlachten

Mitzuschlagen.

Eure Siege sind verächtlich

Wie die Niederlage.

 

Ein Einblick in die Gedankenwelt Friedrich Georg Jüngers, von Albert von Schinding:

 

 

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