Der Künstler Neo Rauch – Ein politischer Grenzgänger?

Der Leipziger Künstler Neo Rauch ist einer der populärsten und am stärksten umworbenen deutschen Künstler. Wahrscheinlich ist diese internationale Popularität auf seinen ganz eigenen Stil zurückzuführen, der zugleich noch immer in der Tradition der Leipziger Schule verankert ist. Trotz eines klaren Heimbatbezugs und „reaktionären“ Figuren in seinen Bildern, blieb Rauch in jüngster Zeit von politischen Diskreditierungsversuchen verschont.

Foto von Hans Peter Schaefer, http://www.reserv-a-rt.de [CC BY-SA 3.0 ], from Wikimedia Commons
Im Frühjahr dieses Jahres gab Rauch zusammen mit seiner Frau Rosa Loy, ebenfalls Künstlerin, dem Handelsblatt ein ausführliches Interview. Dieses Gespräch hat es in sich, denn Rauch gewährt tiefe Einblicke in seine persönliche Haltung und sein künstlerisches Schaffen. In dem Interview bezeichnet Rauch unter anderem einen übertriebenen Feminismus als „Talibanisierung unserer Gesellschaft“ und kritisiert wiederholt die Omnipräsenz der political correctness. Auch dem mittlerweile umstrittenen Schriftsteller Uwe Tellkamp sprang er zur Seite.

 

Etwas verwunderlich ist, dass die recht prägnanten Aussagen Rauchs medial keine höheren Wellen schlugen – die Skandalisierung des Gesprächs blieb aus.

„Talibanisierung unserer Lebenswirklichkeit“

Vor rund 10 Jahren war jedoch das Gegenteil Fall. Es wurde versucht, Rauch als Reaktionär und kitschigen Heimatmaler abzustempeln, doch schon damals gelang dieser Versuch nicht. Seine internationale Reputation fungierte als Schutzschild. Ferner hätte eine Diskreditierung Rauchs gleichermaßen Auswirkungen auf den renommierten Künstlerstandort Leipzig gezeitigt – das wollte man natürlich zu verhindern wissen.

Im besagten Interview vertrat Rauch jedoch recht klar seinen eigenen Standpunkt. Ausführlich äußerte er sich zu einer „Übersensibilität„, die in der Gesellschaft um sich greife. Gemeint sind damit vor allem ein dogmatischer Feminismus, der keinerlei Raum mehr für Interpretationen, geschweige denn Kritik, lasse. Zu dem Beschluss, das scheinbar frauenfeindliche Gedicht „Avenidas“ des Lyrikers Eugen Gomringer von der Fassade einer Berliner Hochschule zu entfernen, meint Rauch:

„Grauenvoll! Das ist eine Talibanisierung unserer Lebenswirklichkeit, die einem vorauseilenden Gehorsam entspricht, den ich nur verabscheuen kann.“

Klar ist für Rauch und Loy, dass es eine grundsätzliche Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau geben muss. Dennoch sei das andere Geschlecht eben „genau das andere, das man als Ergänzung zu sich selbst braucht“, so Loy.

Auch der mittlerweile als Rechtsausleger geltende Autor Uwe Tellkamp bekommt von Neo Rauch Rückendeckung: Ich fühle mit ihm. Er ist lauterer Charakter, sehr geradlinig strukturiert, dem ich nichts Schlechtes zutraue. Er scheint mir eher ein Wiedergänger Stauffenbergs zu sein. Im Unterschied zu den heuchlerischen Sachwaltern seines Verlages.“

Tellkamp hatte sich öffentlich mit neurechten Verlagen solidarisiert und sich politisch gegen die merkel’sche Flüchtlingspolitik positioniert. Der Suhrkamp Verlag distanzierte sich daraufhin öffentlich von Tellkamp.

„Das Bedürfnis nach Heimat“

Eine Figur, die immer wieder in Rauchs Bildern auftaucht, ist der Oberförster aus Ernst Jüngers Roman Auf den Mamorklippen. Berührungsängste mit konservativen Autoren sind dem Künstler dementsprechend fremd. Ein ebenfalls häufig wiederkehrendes Element sind die vor Virilität strotzenden Männer, die mit rauschigen Bärten bei harter Handarbeit inmitten einer ländlichen Region dargestellt werden. Aktuelle tagespolitische Einflüsse jedoch versucht Rauch nicht in seine Werke einfließen zu lassen, auch wenn aktuelle Geschehnisse ihn selbstverständlich beschäftigen:

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht. Ich muss zusehen, dass ich die Bilder frei halte von diesen Einflüssen.“ Klar ist für Rauch auch, dass in Anbetracht der anhaltenden Flüchtlingsströme Empathie zwar notwendig sei, aber nicht dazu verleiten dürfe, dass wir unsere Handlungen von Gesinnungsethik leiten lassen.“

So habe jeder Maler auch seine eigenen Bewüggründe, Künstler zu sein und schöpferisch zu wirken. Bei Rauch ist es das Bedürfnis nach Heimat, nach Weltaneignung, nach Sicherstellung der Besitzstände.“

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